Der große Themenkomplex der vier Elemente – Feuer, Erde, Luft und Wasser – durchzieht das Œuvre von Norbert Tadeusz (geb. 1940) wie ein roter Faden. Immer wieder neu stellt er sich in seinen Arbeiten diesem umfassenden Thema, durchspielt es in unendlichen, manchmal zunächst nicht augenfällig dazugehörenden Variationen.
Bei seinem Gemälde »Seerosen« aus dem Jahr 2002, Bestandteil eines umfangreicheren Seerosen-Zyklus aus dieser Zeit, scheint zunächst der Bezug zu den Landschaftsikonen des Impressionismus, den Seerosenbildern von Claude Monet nahe zu liegen. Tadeusz jedoch fasst die Landschaft nicht als malerische Darstellung unberührter Natur, sondern als Wiedergabe einer von menschlicher Hand gestalteten Umgebung.
Im ausschnitthaften Querformat des 21. Jahrhunderts schwimmen die Seerosen in künstlich erscheinendem grellen Grün, dunklem Violett-Blau und Rosa nicht in einem romantischen, umwucherten Teich oder See, sondern in einem Wasserbecken, das von einem Mosaikrand eingefasst ist. Die unbewegte Wasseroberfläche leuchtet nahezu falschfarben in dunklem Königsblau. Schwarze Felder in der blauen Wasseroberfläche irritieren zunächst, können schließlich als Schatten von Gegenständen entschlüsselt werden. Die Herkunft der schwarzen Schatten lässt sich nicht definieren, sie sind ein bewusst eingesetztes verunsicherndes Kompositionselement in der ansonsten spiegelglatten blauen Wasseroberfläche. Somit integriert Tadeusz hier außerhalb des Bildraumes befindliche Gegenstände in sein Bild und erweitertet es in unbekanntes Terrain. Dadurch wird die Kontinuität der Komposition unterbrochen und die Darstellung ihrer Eindeutigkeit und Lesbarkeit entzogen. Die grelle Farbigkeit der Pflanzen, die wie phosphoreszierend im dunklen Wasser leuchten, und das irritierende Spiel der Schattenflächen im blauen Grund bringen eine geheimnisvolle, künstliche Atmosphäre der Unnatürlichkeit in das Werk ein. Diese Dissonanz stört die erwartete Harmonie und stellt die Schönheit der Natur in Frage.