Gotthard Graubner (geb. 1930) setzt sich in seinem Werk mit der Farbe als Gegenstand der Malerei auseinander.
Seit 1962 schafft er abstrakte Gemälde, die in die dritte Dimension vorstoßen: Die zweidimensionale Leinwand spannt er auf den Keilrahmen über eine dicke Schicht synthetischer Watte. So entstehen kissenartige Gebilde, die sogenannten ›Kissenbilder‹, vom Künstler ›Farbraumkörper‹ benannt. Auf die Leinwand trägt er viele Schichten Farbe bzw. Lasur auf, so dass auf der Stoffoberfläche, bedingt durch die Saugkraft des Untergrundes, pulsierende Unregelmäßigkeiten mit hoher Suggestivkraft entstehen. Entscheidend für ihre Wirkung ist in unterschiedlicher Weise die Intensität der gestischen Malweise des Künstlers. So entstehen virtuose Farblandschaften von einer zur Kontemplation einladenden großen Ruhe; vielfarbigen Werken stehen monochrome Bilder mit feinsten Farbnuancen gegenüber. Das Eigenleben der Farbe zu entwickeln, befreit von dem Anspruch, etwas anderes darstellen zu müssen als sich – die Farbe – selbst, das ist das große Thema der Kunst Gotthard Graubners. So entstehen autonome malerische Organismen, atmende Farbkörper, wie lebendig, in den Raum hinein pulsierend.
Im »Kissenbild (gelb)« wölbt sich leuchtend gelbe Farbe dem Betrachter geradezu auffordernd entgegen. Diesem Anblick, dieser malerischen ›Aufforderung‹ kann man sich kaum entziehen. Durch Nuancierungen, Abstufungen und Übergänge hält der Künstler sein Werk in einem beständigen Schwingen. Scharfe Übergänge, harte Konturen vermeidet er.
Die so entstandene Oberfläche des Bildes lässt sich auch mit Haut vergleichen; organische Eigenschaften scheinen ihr innezuwohnen. Einerseits ist sie eine deckende Schicht, andererseits besitzt sie eine große Durchlässigkeit. Sie ermöglicht den Austausch zwischen Innen und Außen, eine osmotische Wechselbeziehung. Die organische Energie der Fläche ist ständig zu spüren. Wie Sonnenlicht einen Raum durchfluten und in eine bestimmte Stimmung versetzen kann, so wirken auch die Ausstrahlungen der Arbeiten von Gotthard Graubner in den Raum hinein. Neben dem Farbraum entsteht so auch eine Art Lichtraum, der unmittelbar mit unserer Natur-Wahrnehmung von Wärme oder Kälte, von Sonne oder Finsternis, Licht oder Schatten zu tun hat.