Nachdem Jaume Plensa (geb. 1955) zunächst mit transparenten Materialien wie Kunstharz gearbeitet hat, beginnt ihn 1999 das Werkmaterial Glas zu interessieren. Der symbolhafte Vergleich zwischen dem stillen poetischen Charakter des zerbrechlichen Glaskörpers mit der Gefährdung des menschlichen Körpers prägt fortan das Werk des spanischen Künstlers.
Aus mehreren Glaskörpern, Ballonflaschen ähnlich, komponierte er einfache Gehänge. Ihre der Schwerkraft folgende Gewichtung und ihre tränenförmige Ausbildung deuten ihre fragile Existenz an. Ein leiser Anstoß genügt, um die traubenartige Schönheit der Form zu vernichten, zumal auch das Verlangen nach Berührung übergroß ist. Wie in seinen Arbeiten zuvor, besetzt der Künstler auch hier die Formen mit Begriffen. Auf fünf der sieben Kugeln finden wir je einen Begriff unterschiedlicher Aggregatzustände von Wasser: Eis, Regen, Nebel, Wolke, Schnee. Die Installation der ›herabregnenden‹ Kugeln macht eine assoziative Verknüpfung zwischen diesen Begriffen und der Installation nicht schwer. Die Fragilität der Glaskörper und die Vergänglichkeit der verschiedenen Formen von Wasser vereinen sich zu einem kontemplativen Stimmungsbild, das den Raum über die Ausmaße der Skulptur erfasst. Obwohl im klassischen Sinne keine Klanginstallation, spielt dennoch der Klang eine imaginative Rolle. Zum einen beeinträchtigt die Furcht vor dem Klang der zerberstenden Glaskugeln auf dem Boden die stille Ausstrahlung der Glasskulptur, zum anderen bedeutet auch das lautmalerische Lesen der auf das Glas ›tätowierten‹ Begriffe Klang. Die Leichtigkeit der Installation wird durch die dominante Aufhängung mit Stahlseilen wieder aufgehoben. Plensa schafft hier bewusst nicht – etwa mit kaum sichtbaren Nylonfäden – die Illusion einer frei schwebenden Skulptur, es ist nicht der ›seidene Faden‹, an dem der Glaskörper hängt. So betont er den Kunstcharakter der Arbeit, die nichts mit illusionistischer Zauberkunst zu tun hat. In späteren Werkgruppen konzentriert sich Plensa auf lebensgroße Glasköpfe und entwickelt 2004 einen überlebensgroßen liegenden »Glassman« aus neun Hohlformen, deren Boden er mit Rotwein bedeckt. Sein Ziel ist dabei die poetische Verdichtung und gedankliche Durchdringung des Raumes. So sorgte auch seine Ausstattung der »Zauberflöten«-Inszenierung der katalanischen Theatertruppe »La Fura dels Baus« im Rahmen der Ruhrtriennale in der Bochumer Jahrhunderthalle für Aufsehen als Klangkörper aus Gesang, Wort und Raumskulptur.