In seinen komplexen künstlerischen Versuchsanordnungen interpretiert Tobias Rehberger (geb. 1966) Fragen der Gegenwartskunst zum Verhältnis von Kunst und Leben, von Werk und Präsentation, aber auch zur Beziehung von Erfindung und Rekonstruktion.
Sein Atelier ist ein Planungsbüro; der Künstler fungiert als Unternehmer, Manager und Organisator gleichermaßen. Rehberger beschäftigt mehrere Mitarbeiter, ist technisch auf dem neuesten Stand, verhandelt mit Möbelherstellern, Stadtplanern, Architekten. Seine Installationen und Entwürfe nehmen damit den sogenannten Zeitgeist auf und hinterfragen ihn. Seine Modelle, Bilder und Skulpturen oszillieren dabei zwischen Funktionalität und Nutzlosigkeit; die Arbeiten bewegen sich in einem Spannungsfeld zwischen Kunst und Design. Rehberger spielt dabei mit den vorhandenen und kanonisierten Instrumenten der Kunst- und Designwelt, um mit ihnen etwas völlig Neues hervorzubringen, das uns über die Materialität oder die Fragmente bekannter Formen doch wieder vertraut erscheint.
Seine Werke definiert er dabei als Prototypen. Das gilt auch für die großformatige plastische Arbeit »Mother dying II« aus Draht, Holz und farbigem Tonpapier. Der erste Teil des Titels, »Mother« – »Mutter« – bezieht sich auf den Modell-Charakter, den die Arbeiten stets für den Künstler besitzen. »Dying«, »sterbend«, mag auf die morbide Anmutung verweisen. Rehberger bediente sich hier der japanischen Kulturtechnik Origami. Bei dieser sind formale Schönheit und Perfektion eng verbunden. Genau dies stellt Rehberger jedoch in »Mother dying« in Frage: Er war gebeten worden, im Rahmen der Gemeinschaftsausstellung »Suburban House Kit« in einer New Yorker Galerie einen Garten zu gestalten. Für diesen ersann er eine mehrteilige Serie von Blumen – die »Mother«-Serie –, deren leuchtend violette Blüten zunächst anziehend wirken. Doch bei näherer Betrachtung entdecken wir, dass die großen Blumen aus einer kahlen Fläche heraus wachsen und selbst immer kahler werden. Ringsherum liegen die herabgefallenen Blüten – alles Hinweise auf die Vergänglichkeit und Brüchigkeit der Schönheit, auch des Lebens. So ist auch das Werk des Künstlers nicht perfekt, im Gegenteil, nahezu abgenutzt wirkt es stellenweise und wie notdürftig zusammengeflickt. Dieser künstlerische Umgang mit den Materialien irritiert und wirft doch im Sinne des Künstlers die Frage auf, ob diese neu entstandene mangelhafte Form nicht vielleicht doch eine Weiterentwicklung darstellt: Aus diesem ›Bruchstück‹ mag wieder eine neue Serie an Formen oder Gedanken erwachsen.