Die Natur und ihre landschaftlichen Erscheinungsformen rücken seit 1997 verstärkt in den Fokus der Malerei von Markus Lüpertz. Nicht selten tragen diese Gemälde auch Vanitas- und Erlösungsmotive.
In seiner »Vesper«-Serie vereint Lüpertz elf hochformatige Arbeiten mit Birkenstämmen als naturalistischem Bezugspunkt. Die Bildfläche selbst wird jeweils weitgehend in der charakteristischen Bildsprache des Künstlers von regelmäßigen Farbflecken und Gitternetzen dominiert. So entstanden monumentale Gemälde, die zwischen landschaftlichem Illusionismus und abstrakter Ornamentalität changieren. In der Wiederholung eines Themas bei gleich bleibendem Grundmuster der Komposition weist Lüpertz über den Titel auch auf einen Zusammenhang mit der »Vesper« hin: Auch das liturgische Abendgebet, das sich seit dem ausgehenden Mittelalter besonders als Stundengebet der Mönche und des Klerus erhalten hat, folgt einem zeitlichen und inhaltlichen Grundmuster und dient der kontemplativen Vertiefung. Markus Lüpertz, der 1959 fast ein Jahr im Kloster Maria Laach verbrachte und während seines Studiums zum Katholizismus konvertiert war, hat wohl aus dieser Zeit eine gewisse Nähe zu Zeremonien und emotionaler Hingabe an religiöse Handlungen gezogen. Dabei interessieren ihn vor allem auch die Zusammenhänge von Kunst und Glauben. So wurde der »Vesper«-Zyklus auch erstmals im Rahmen der Ausstellung »Lost Paradise Lost. Kunst und sakraler Raum« im Jahr 2000 gezeigt. Diese Ausstellung beschäftigte sich mit der Frage, ob Künstler auch heute noch Werke schaffen können, in denen die Sehnsucht nach dem Göttlichen glaubhaft vermittelt wird. Diese Frage interessiert Lüpertz. Er greift in seiner Bildserie aber nicht auf christliche Symbole wie die Flamme, die Taube oder das Kreuz zurück. Mit seinem Birkenmotiv weist er vielmehr darauf hin, dass Andacht und Versenkung in das Göttliche nicht nur in der Kirche möglich sind, sondern gerade im Wald, in der Natur, in Gottes Schöpfung erfahrbar werden. Hier kommt eine zarte Sprache zu Wort, die in den Vesper-Bildern durchaus an die demütige Hingabe der Romantik erinnert. Die Birke im Gemälde scheint über den Bildrand hinaus ins Unendliche zu ragen. Auf diese Weise betont Lüpertz die Unfassbarkeit der Schöpfung und stellt zugleich die Frage nach seinen ›Rahmenbedingungen‹ als Künstler, nach seinen Freiheiten und seinen Grenzen.
Stolz und doch voller Anmut erhebt sich die „Daphne“ von Markus Lüpertz auf der Anhöhe von Karpfsee und schaut übers Tal weit in die Ferne in die Berge. Malerisch bunt leuchtet die antike Gestalt aus den Metamorphosen des Ovid dem Ankömmling entgegen. Sie ist gleichsam der Prolog des Zusammenspiels von Kunst und Natur, das den Gast in der Stiftung Nantesbuch empfängt.
Der antiken Erzählung nach verwandelt sich die Bergnymphe, Tochter des Flussgottes Penios, auf der Flucht vor dem ihr nachstellenden, liebestollen Apoll in einen Lorbeerbaum und entkommt ihm so um den Preis des ewigen Verharrens an einem Ort. Der Mensch als Teil der Natur verwandelt sich in ein anderes naturhaftes Wesen. Dieser transitorische Moment der Verwandlung ist in der Skulptur festgehalten.