Bernd Koberling (geb. 1938) findet in den unberührten Naturlandschaften Islands keine Motive im herkömmlichen Sinne. Seine sinnlich zarten, transparenten Gemälde »Sonnengestein II« und »Vor« spiegeln die Natur vielmehr in freien, poetischen Interpretationen.
Ausgehend von einem nahsichtigen Blick auf die Pflanzenwelt entfaltet sich ein eigener ästhetischer Bildkosmos. Seine fluktuierende, atmende Malerei scheint dabei tief durchdrungen von den Elementen Wasser und Luft. Das Erlebnis elementarer Kräfte inmitten einer menschenleeren Natur wird dabei zum entscheidenden Impuls: Ein lebendiger Farbfluss ergießt sich auf die Fläche, komponiert sich zu Inseln, mischt und durchdringt sich. Die Wahl der Materialien, eine stark verdünnte Acrylfarbe, die fließend auf mehrfach grundierte Aluminiumplatten aufgetragen wird, ist dabei von größter Wichtigkeit, um den gewünschten leichten, aquarellhaften Eindruck zu erzeugen. Aus diesem Ineinander der Farbe ergeben sich zarte Valeurs, die ein gemeinsames ›Bildklima‹ erzeugen. Aufgrund der lockeren Struktur – Farbe und lichter Grund stehen in einem gleichwertigen Verhältnis – erscheinen die Farbsetzungen umso flüchtiger und damit kostbarer. Man fühlt sich an die kurzen leuchtenden Sommer im Norden erinnert, in denen die karge Vegetation aufblüht. Der spontane Malgestus von Koberling erfasst die Natur in einer hoch konzentrierten Form. Der Schöpfungsakt wird so selbst zu einem naturhaften Prozess. Das Verhältnis zum Bildgegenstand ist dabei von einem großen Maß an Freiheit gekennzeichnet. Bernd Koberling selbst bemerkte dazu: »Es ist der Versuch, den Gegenstand im Malprozess aufzulösen, immer wieder abzubrechen, bis hin zur absichtlich oder zufällig entstehenden offenen Stelle. Daher ist das Undeutliche oftmals deutlicher als das schon Bekannte oder nur Vergleichbare. Es ist nicht die Angst vor dem optisch wahrnehmbaren Gegenstand, sondern es ist vielleicht eher die Sorge, an den vielen gemalten Bäumen […] zu ersticken.«