In ihren großformatigen Zeichnungen bewegt sich Elke Härtel (geb. 1978) zwischen surrealen Traumwelten und kühlem zeichnerischem Zugriff. Der Duktus ihrer Arbeiten ist dabei zunächst präzise und klar.
Es ist auf den ersten Blick zu benennen, was hier zu sehen ist: Eine niedergesunkene, nackte Frau wird von drei Ameisenbären am Fuß beschnüffelt. Die perfekte technische Ausführung ihrer Zeichnung, ihre ganz und gar gegenständliche Umsetzung, gerät in ihrer Klarheit aber in Konflikt mit dem Versuch einer inhaltlichen Ausdeutung. Hier bleibt sie im besten Sinne ›unfertig‹ und ›fragmentarisch‹. In der Zeichnung steht daher die Präzision der Striche in entsprechender Spannung zu den ausgelassenen Flächen. Die kühle Bildstimmung wird durch den Einsatz des sehr feinen Pigmentliners unterstrichen; weiche Schattierungen oder eine farbliche Ausformulierung gibt es nicht.
So hat Elke Härtel eine eigensinnige und unabhängige künstlerische Sprache entwickelt, die immer auch einen Selbstreflex enthält. Denn bei den Frauenfiguren Härtels handelt es sich immer auch um Selbstporträts, die stets eine latente Bedrohung und gleichzeitig eine eigene Schönheit in sich tragen. Letztlich arbeitet die Künstlerin im wahrsten Sinne des Wortes an einem naheliegenden Werkstück: der eigenen Existenz im Zwischenreich von Realität und Traum. Das Fragmentarische bleibt dabei ein zentraler Begriff, der auch in Bezug auf unsere eingeschränkten Kapazitäten bei der Verarbeitung der alltäglichen Flut unserer Impressionen und Bilder eine Bedeutung hat.
Eine ähnliche Stimmung inszeniert Härtel auch bei ihren Skulpturen. Hier komponiert sie erneut die surreale Begegnung zwischen drei Ameisenbären und einer liegenden Frau, diesmal in der plastischen Form des modernen Werkstoffs Polyurethan, der die Figurengruppe in unwirklich strahlendem Weiß fast wie aus Porzellan geschaffen erscheinen lässt. Wie bereits die Zeichnung, so erfährt auch die Skulpturengruppe keine Dramatisierung durch eine Bemalung der Figuren. So wirkt die kühle Szene als nahezu ›extrem weiß‹ empfunden, wie der dreidimensionale ›still‹ aus einer traumatischen Filmsequenz. Dabei steht die stille Figurenszene in ihrem Stimmungsgehalt undefinierbar zwischen Harmonie und Bedrohung. Das scheinbar absurde Säugen der Ameisenbären an der Fußsohle der Frau mag zugleich auch einen Angriff der Tiere darstellen. Eine entsprechende Festlegung bleibt dem Betrachter überlassen.