Die überlebensgroße Skulptur "Besarkada X" (Umarmung X) gehört zu einer gleichnamigen Serie, deren erste Fassung ursprünglich zur Aufstellung im Innenhof des großen Pariser Krankenhauses La Salpêtiére vorgesehen war.
Wie in Chillidas gesamten Werk bezieht sich auch hier die abstrakte Formensprache seiner Skulptur auf einen konkreten thematischen Kontext: Die trostspendende Geste der Umarmung gewinnt in dieser Umgebung eine besondere Bedeutung. Dort, wo heute Kranke voller Sorgen und Ängste auf Heilung hoffen, wurden im 17. Jahrhundert im Auftrag Ludwig XIV. kranke, behinderte und geistesgestörte Frauen, aber auch Waisen und Prostituierte zwangsweise interniert und unter menschenunwürdigen Bedingungen zusammengepfercht. Teilweise in Ketten gelegt, hausten bis zu 20.000 Menschen in den riesigen Sälen dieses Respekt einflößenden Architekturkomplexes, oftmals wurde es zur letzten Station eines kurzen, hoffnungslosen Lebens. Chillidas Skulptur ist demnach auch eine Geste der Aussöhnung mit einem historischen Ort der Unterdrückung.
An einem anderen Platz aufgestellt, wie etwa im Innenhof des Sinclair-Hauses in Bad Homburg, erschließt sich die Skulptur als Ausdruck einer allgemein menschlichen Erfahrung: die Sehnsucht nach Bindung und Nähe, nach Geborgenheit und Schutz. Chillidas Ausdrucksmittel konzentrieren sich allein auf die plastische Form: Aus einer statisch aufragenden Stele entwickeln sich vier "Arme", die in einer organisch ausschwingenden Bewegung das Innere der Skulptur zu umschließen scheinen. Stabilität und Mobilität, Schwere und Leichtigkeit, Geschlossenheit und Öffnung, das Vertikale und die Form des Kreises – aus diesen Polaritäten entsteht eine Skulptur, die die Geste des Bergens und Schützens sinnlich erfahrbar macht. Es gibt nichts Zusätzliches, nichts Überflüssiges in dieser Formulierung, deren Harmonie aus Reduktion und Ordnung entsteht. Die Serie "Besarkada" entstand zu einem Zeitpunkt, an dem Eduardo Chillida (1924-2002) schon auf eine über viele Jahrzehnte gewachsene Erfahrung mit dem Material Eisen bzw. Stahl zurückblicken konnte. "Ich entschloß mich Eisen als Material zu nehmen, weil ich fühlte, daß seine relative Fügsamkeit mir helfen würde, meine vage Vorstellung zu verwirklichen", beschrieb Chillida seine Anfänge in dieser Technik zu Beginn der 1950er Jahre. In seiner Einbeziehung des Raumes, den Chillida als ein belebtes, durchgeistigtes Feld definiert, gelang ihm die Entwicklung einer Formensprache, die unverwechselbar ist und ihn als einen der wichtigsten Bildhauer des 20. Jahrhunderts ausweist.