Die Wüste ist vielfaches Motiv der in Düsseldorf lebenden Fotografin Ursula Schulz-Dornburg (geb. 1938). Ihre Reisebegeisterung führt sie in die Regionen von Euphrat und Tigris, in die Gegend der einstigen Städte Babylon und Uruk, als auch nach Saudi-Arabien, Armenien und Georgien.
Dort entstehen die Fotografien dieser kargen Wüstenlandschaften, die an vergangene, große Kulturen gedenken. Mesopotamien (griech. »zwischen den Flüssen«), auch Zweistromland genannt, bezeichnet geographisch das Gebiet um die Flüsse Euphrat und Tigris in den heutigen Gebieten der Türkei, von Syrien und Irak. Uruk gilt als eine der ältesten städtischen Siedlungen sumerischer Zeit und ist heute eine bedeutende archäologische Ausgrabungsstätte. Reminiszenzen ehemaliger Besiedlung, gleichsam Reste und Spuren einer Hochkultur in dieser öden Landschaft, präsentieren sich in »Mespotamien, Uruk I« durch die im Vordergrund erscheinenden Lehmziegel, welche der Wüstensand schweigsam offenbart. Beide Fotografien evozieren mit diesen Motiven »subjektiv und sinnlich […] etwas, das [die Künstlerin] schmerzhaft als Verlust registriert: den zunehmenden Zerfall unseres kulturellen Erbes«. Die Arbeiten erinnern an das Entstehen und Vergehen eines solchen Erbes, das durch den natürlichen Zerfall, als auch durch die kriegerischen Auseinandersetzungen, die in diesen Regionen herrschen, irreversibel verloren geht.
Ursula Schulz-Dornburg schafft mit »Uruk I« und »Uruk II« Bilder, die vielfältigste Assoziationen hervorrufen: unendliche Ferne, Kargheit der Wüste, Einsamkeit des Ortes, religiös-spirituelle Erfahrung, Reminiszenzen an vergangene Kulturen, untergegangene Städte. Die Künstlerin fängt in ihren Fotografien stille Orte ein, die aus ihren eigenen topographischen und kulturellen Geschichten aus der Aura des Ortes erwachsen. Dabei erwirkt sie, dass der Betrachter dem Medium Fotografie zeitlich und räumlich entrückt und zugleich dem narrativen Anspruch der Arbeiten verfällt.
Indem Schulz-Dornburg Schwarz-Weiß-Fotografien macht, deutet sie auf etwas Historisches, ja Vergangenes hin. Einerseits erinnert sie inhaltlich an die Hochkultur Mesopotamiens, andererseits aufgrund ihrer ästhetischen Verwendung des Mediums Fotografie (u. a. durch die Belichtung und kompositorische Unterteilung mittels Horizontlinie) an die fotografischen Pionierleistungen der Panoramen von Gustave Le Gray oder Carleton E. Watkins im 19. Jahrhundert. Auch jene Künstler führte eine Reisebegeisterung in entlegene Gegenden, wo sie die Urgewalt der Natur für die Nachwelt fotografisch festhielten.