Die Gemälde Stefan Mannels (geb. 1976) zeigen Menschen und Tiere in ihrer Verlorenheit und Einsamkeit. Zumeist einzeln, seltener in Gruppen oder als Paare, stehen sie in kargen, reduzierten Räumen oder Landschaften, die keinen konkreten Ort bestimmen. Mannels Bilder erzählen keine Geschichten.
Es sind vielmehr leise, traumartige, zuweilen auch albtraumartige Sequenzen schemenhafter Geister. Durch formale stilistische Reduktion auf wenige Mischtöne, vereinfachte Formen, flächenhaft reduzierte Räume und Landschaften wirken Mannels Bilder archaisch, still und melancholisch. So können sich diese geisterhaften Erscheinungen gerade noch im ›Nichtraum‹ behaupten. Unheimlich, aber nicht bedrohlich, eher verletzlich muten die Gestalten an. Gesichtslos treten sie dem Betrachter vor monochromen Hintergründen gegenüber und zeigen ihr Innerstes: Verletzungen und durchsichtige Körperpartien mit darunterliegenden Gedärmen, Gerippen, Gebissen und eingenisteten Embryonen, den Keimen neuen Lebens. Dennoch geben sie nichts preis, eine weiterführende Erkenntnis bleibt zunächst aus. Vielmehr stellt sich ein Zustand der Leere, der Desorientierung und unbestimmter Sehnsucht ein: Handlungsunfähigkeit und Melancholie als Folge einer Hoffnung, die immer wieder neu entsteht und immer wieder enttäuscht wird, sind der Tenor in Mannels Bildern. Dies vermitteln nicht nur die Thematiken und die dargestellten Wesen; es wird gleichermaßen manifest durch die behutsam-zurückhaltende Malweise und die stets gebrochene Farbgebung.
Das Okapi, das 1908 zeitnah mit dem Beginn der Avantgarde entdeckte Tier, inszeniert Mannel als eigenartig lebloses Wesen, ohne fokussierbaren Blick, mit maskenhaften Zügen und rückwärts gewandt. Auch hier stellt der Maler das Tier in einen undefinierbaren ›Unraum‹. Der sichtbare Embryo im Bauch des paradoxerweise männlichen Tieres ist nicht als Zeichen der Hoffnung zu verstehen, denn Mannel kehrt hier nicht nur die biologische Ordnung kurzerhand um. Das werdende Leben im Bauch des Tieres wirkt bereits verkümmert und abgestorben. Die Geburt von Leben als in die Zukunft gewandtes Hoffnungszeichen wird durch diese malerische Umsetzung geradezu konterkariert und metaphorisch ins Gegenteil gewandt: die kommende Generation trägt bereits den Zerfall in sich und bleibt – wie Mannels Okapi – wie fremd auf dieser Welt.