Mit seinen skulpturalen Werken steht David Nash (geb. 1945) in einem beständigen tiefen Dialog mit der Natur, wobei die Lebendigkeit des Holzes eine Grundherausforderung seines künstlerischen Tuns ist: »Der Baum webt Erde, Licht, Wasser, Luft zu einem Körper«, sagt David Nash.
»Die langjährige Arbeit mit Bäumen und Holz führte, verführte mich durch die schiere Beschaffenheit, die Physis des Materials, durch seine Eigenheiten, feucht-trocken und fest-spröde; durch den Lebens-Raum und Lebens-Zyklus, Wachstum, Tod und Wiederkehr; durch die Verwobenheit der elementaren Stoffe.« Seit mehr als dreißig Jahren lotet der Künstler die Möglichkeiten des Werkstoffes Holz aus. Allein mit Axt, Messer oder Kettensäge setzt er seine Spuren in das gewachsene Material, als Kontrast zwischen natürlicher Form und aufgezwungener Gestalt, wobei seine Arbeitsschritte stets nachvollziehbar bleiben. Die Formen seiner Freilandskulpturen und Installationen sind immer nur annähernd geometrisch, wodurch das Material selbst, das seinen eigenen Gesetzen folgt, ein wesentlicher Faktor bleibt. Zudem bestimmt das auserwählte Holz durch die maximalen Ausmaße der Baumstämme auch die Proportionen des jeweiligen Werkes. In seiner Auseinandersetzung mit dem Natur-Material Holz sucht Nash die Gegensätze, weist auf die Gefährdung des Natürlichen hin, auf seine Zerstörung und Auflösung.
Für seine zweiteilige Skulptur aus Lindenholz »Two Sliced Eggs« von 2002 hat Nash eine Ur-Form der Natur und zugleich die Urzelle allen Lebens – das Ei – gewählt. Mit dieser Form zwingt der Künstler dem gewachsenen Holz eine ihm widernatürliche Gestalt auf. Diesen skulpturalen Körper schneidet er mit der Kettensäge in diagonaler, leicht unregelmäßiger paralleler Schichtung auf – fügt dem Holz damit ›Verletzungen‹ zu. Somit steht das Gestaltete gegen das Gewachsene, die menschlich gedachte und geordnete Form gegen die natürliche Form, die Ästhetik der Kunst gegen die Schönheit der Natur. In dieser Verdeutlichung der Gegensätze zwischen Kunstform und Naturform birgt die Arbeit Nashs eine tiefe Spannung, die den Betrachter zur Reflexion über die Natur, deren Teil der Mensch ist, herausfordert.
Nachträglich zur Skulptur, d. h. wie ein Dokument zur Festlegung der Endgültigkeit der Skulptur entstand im Jahre 2003 die Zeichnung »Two Eggs« in tiefschwarzer Kohle: Mit langen, kräftigen Strichen werden die Einkerbungen skizziert, eine begrenzende Umrisslinie ist bewusst ausgespart. Mit minimalen, reduzierten graphischen Mitteln überträgt Nash die Schichtungen der dreidimensionalen Skulptur und deren Wirkung in die Zweidimensionalität des Papiers.