Organische und unorganische Fundstücke stehen im Focus der Fotografin Natascha Borowsky (geb. 1964).
Auf Steifzügen durch die unmittelbare Umgebung, in Läden, auf Märkten, an Bahnhöfen oder Gehsteigen, trägt sie ungewöhnliche Relikte zusammen. Achtlos auf dem Boden Liegendes, Verlorenes, Abgenutztes, durch Gebrauch oder Witterung unkenntlich Gewordenes wird gesammelt, sortiert und verwahrt. Fragmente von Pflanzen oder Tieren, Stoffreste oder Scherben finden so Eingang ins Atelier der Künstlerin. Die Fotografin dokumentiert die Funde gewöhnlich unter gleichbleibenden Bedingungen: Mit der Großbildkamera setzt sie die zumeist kleinformatigen und kleinteiligen Objekte überdimensional ins Bild. Die ausschließliche Konzentration auf das Sujet wird durch Isolierung bzw. Gruppierung in gleiche oder verwandte Formen verstärkt. Der bewusst gewählte einfarbige Hintergrund, der kaum Raumtiefe suggeriert, ist bedeutsam für die Bildinszenierung: Er lenkt den Blick auf die Objekte und hebt sie wie Kostbarkeiten hervor. Borowsky verwendet für den Fond vorgefundene Stoffe, Haare, Wachs, Holz, Pappe, Gummi, Chemiefasern oder selbst hergestellte, strukturierte Bildgründe. Formen, Linien, Muster, Maserungen und andere Merkmale des Motivs werden zuweilen vom Hintergrund aufgegriffen und korrespondieren auf gegensätzliche, harmonische oder reflektierende Weise miteinander. Dieses subtile Zusammenspiel hebt die bizarre Gestalt des Sujets hervor, abstrahiert das Dargestellte und offenbart seine ästhetische Ausdruckskraft. Die abstrahierende Darstellung verschleiert die Herkunft des jeweiligen vegetabilen Motivs und erschwert bisweilen seine Identifizierung. Die scheinbar gewonnene Neutralität und die vergleichende Präsentation von Struktur und Form erinnern an wissenschaftliche Methodik. Konsequenterweise bezeichnet die Künstlerin ihre Arbeiten schlicht und einheitlich "Ohne Titel" und vermeidet so jede weitere Einflussnahme. Die mikroskopisch-sachliche Annäherung soll den Blick des Betrachters für die rätselhafte Ästhetik eines Objektes öffnen, das im Alltag häufig vollkommen unbeachtet bleibt.