Drei gleich große Zaun-Quadrate in Sichtweite des Langen Hauses zeigten von Juli 2020 bis Mai 2021, wie unterschiedlich Landschaft „bestimmt“ sein kann. Alle drei Quadrate umschließt derselbe schlichte, gradlinige Zaun mit gleichförmig gesetzten Holzlatten.
Ausgangspunkt ist der bestehende Nutzgarten. Auf dem Geviert der Beete darin stehen wohl geordnet ausgewählte Kräuter. In solchen Bauerngärten sortiert und beherrscht der Mensch die Natur seit Jahr- hunderten. Hier bestimmt der Mensch, was wo wachsen und gedeihen darf. Der Zaun als robuste Barriere schützt die Nutzpflanzen vor Eindringlingen und Verbiss. Einige hundert Meter weiter hegt ein ebensolcher Zaun im Gegensatz dazu ein Stück ursprünglich erhaltener Natur ein: ein paar Quadratmeter Moor in Nantesbuch. Die Landschaft des 21. Jahrhunderts ist eine fast bis in den letzten Winkel bewirtschaftete und vom Menschen bestimmte Kulturfläche. Ungeordnete, urwüchsige Areale sind hier so rar, dass sie besonderen Schutzes bedürfen. Thomas Rentmeister komplettiert die Trilogie mit seinem „Luftzaun“ am Nordende der Hofstelle. Er ständert den Lattenzaun auf: Die Einhegung schwebt fünf Meter hoch über der Wiese. Menschen können darunter durchlaufen – und auch die kleine Herde schwarzer Alpinschafe grast unter der Begrenzung hindurch. Natur arbeitet und wirkt grenzenlos. Im Vergleich zu solch natürlicher Allmacht wirkt der immerhin neun mal neun Meter messende Luftzaun als Relikt menschlichen Ordnungswillens fast absurd.
Thomas Rentmeister (*1964) ist deutscher Bildhauer und Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. Er stellt international aus und ist in zahlreichen Sammlungen Europas vertreten.
Kurator: Jörg Garbrecht