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Der Grüne Salon - Digitale Ausstellung

Die digitale Begleitausstellung zu Der Grüne Salon zeigt neben Werken von Andreas Greiner und Niklas Jordan eine Videodokumentation der australischen Künstlerin und Umweltingenieurin Tega Brain. Ihre international angesehenen Arbeiten beschäftigen sich mit den Parametern der Digitalisierung.

Über das Gespräch zu Digitalisierung und Nachhaltigkeit in der Veranstaltung hinaus bietet die Ausstellung die Möglichkeit, sich eigenständig, intensiv und vertieft mit den Fragen nach Techniknutzung und Verantwortung zu beschäftigen.

Niklas Jordan

Niklas Jordan bezeichnet sich selbst als „Nerd“. Es ist ihm ein Anliegen, Technik und Digitalisierung so einzusetzen, dass sich diese positiv auf Umwelt und Menschheit auswirken. Der Mensch hat mit seinem Einsatz von Technik und Technologie Vieles ökologisch und sozial in Gefahr gebracht und zerstört. Gleichwohl ist Jordan überzeugt, dass Technik und Technologie – verantwortungsbewusst und ethisch sensibel eingesetzt – auch ein Teil der Lösung sein können: „Ich glaube, dass Technologie einen positiven Einfluss auf die Welt haben kann. Tech kann unterdrückte Menschen stärken, die Umwelt schützen, Menschen in Notfällen helfen und vieles mehr.“

Ein wichtiger Aspekt von Jordans Arbeit ist es, Technologien und Daten frei zugänglich und für alle nutzbar zu machen. Die Vorteile sind kein Privileg von Wenigen: Es geht hier um nichts weniger als um die Demokratisierung von Technologie und Daten. Eines der Projekte von Niklas Jordan versucht, offene Satellitendaten zugänglich zu machen – unabhängig von eigenen technischen oder fachlichen Fähigkeiten. „Astronautenblick“ ermöglicht Einblick in dieses Projekt. Mithilfe digitaler Technik wird deutlich, wie Schönheit und Bedrohung unseres Planeten Hand in Hand gehen.

Technik als Gefahr und Technik als Chance –das zeigt Jordans Ausstellung ganz unmittelbar – sind zwei Seiten einer Medaille.

Astronautenblick

Andreas Greiner

Andreas Greiner möchte als Künstler und mit seiner Kunst dazu beitragen, dass das geschützt wird, was üblicherweise als Natur bezeichnet und erlebt wird. Er richtet seine Ästhetik, seine Kunstproduktion, seine Ausstellungspraxis, sogar seine Einbindung in den Kunstbetrieb so ein, dass alles nicht nur ökologisch sensibel ist, sondern auch einen ökologischen Impact hat. „Ich möchte mich auf die Seite von Menschen stellen, die sich sorgen und handeln – die ihren Lebensstil entsprechend ökologischen Belangen ändern.“ Im Sinne der französischen Philosophin Corine Pelluchon lässt sich von einer „Umweltästhetik“ sprechen: Eine Ästhetik, die nicht mehr dualistisch die Natur als „Schauspiel oder Gemälde“ begreift, zu dem wir rein betrachtend auf Distanz bleiben. Es handelt sich um eineÄsthetik, die in der Wertschätzung für die Natur unsere unauflösbare Verflochtenheit mit ihr erkennt und ausagiert.

In seinen vier Beiträgen zur digitalen Ausstellung wird sichtbar, wie künstlerischer Ausdruck, ökologisches Bewusstsein und ökologisches Handeln zusammenwirken. Auf faszinierende Weise werden Bild, ästhetisches Arrangement, Baum, Graphen zum CO2-Ausstoß, digitale Technik oder Nano-Aufnahmen eines Rasterelektronenmikroskops Teil einer gegenüber den Ressourcen der Natur achtsamen Kunst.

Change the System

2019

2 Fotografien von Bäumen am Rand der Kohlegrube am Hambacher Forst,Textstatement und Modellberechnung des äquivalenten CO2-Verbrauchs des Kunstprojektes „Jungle Memory“ im Vergleich zum durchschnittlichen Pro-Kopf-Stromverbrauch einer/s Deutschen, Rahmen aus verkohltem Eschenholz

Je 50 x 37,5 cm

Photo: Jens Ziehe
Sammlung des Mönchehaus Museums, Goslar, Germany

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Change The System
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Change The System Statement

Change The System (in voller Größe öffnen)

Change The System Statement (in voller Größe öffnen)

Abschied vom Walde

Abschied (Harz)

2020

Von einem Neuronalen Netz generierte Bildabfolge, trainiert aufgrund eines umfangreichen Fotoarchivs, das Andreas Greiner im Wald von Goslar aufgenommen hat, programmiert von Daan Lockhorst

Video, 60:00, loop

Vom Walde

2020

Klangkonzept und -gestaltung von Louis McGuire, synthetisiert aus Mendelssohn Bartholdys Chorkomposition „Abschied vom Walde“, Videoanalysealgorithmus programmiert von Daan Lockhorst

Sound, 18:41, loop

Andreas Greiner - Abschied Vom Walde

Das experimentelle Soundstück „Vom Walde“ soll in einer grundlegenden Form ein konzeptionelles Spiegelbild zur KI-Video-Installation „Abschied“ bilden. Dabei liefert Felix Mendelssohn Bartholdys Choral „Abschied vom Walde“ das Rohmaterial, um die Waldatmosphäre algorithmisch zu erzeugen.



Obwohl es bis zur Unkenntlichkeit verwandelt wurde, bildet Jospeh von Eichendorffs frühes Gedicht dennoch einen wichtigen narrativen Kontext für das Soundstück.

Zusammen mit Louis McGuire konzipiert, der auch das finale Sounddesign beisteuerte, wurde das Ziel der Erstellung eines selbstgenerierenden Soundstückes durch den Programmierer Daan Lockhorst ermöglicht, der eine Reihe innovativer benutzerorientierter Codierungsskripte für das Projekt erstellte. Aspekte des Videos wie Kontrast, Bewegungsgeschwindigkeit und Farbbalance verändern und formen das Soundstück, das seinerseits durch maschinelles Lernen generiert wurde.

Poem „Abschied“ by Joseph von Eichendorff (1810)

O Täler weit, o Höhen,
O schöner, grüner Wald,
Du meiner Lust und Wehen
Andächt'ger Aufenthalt!
Da draußen, stets betrogen,
Saust die geschäft'ge Welt,
Schlag noch einmal die Bogen
Um mich, du grünes Zelt!

Wenn es beginnt zu tagen,
Die Erde dampft und blinkt,
Die Vögel lustig schlagen,
Daß dir dein Herz erklingt:
Da mag vergehn, verwehen
Das trübe Erdenleid,
Da sollst du auferstehen
In junger Herrlichkeit!


Da steht im Wald geschrieben
Ein stilles, ernstes Wort
Von rechtem Tun und Lieben,
Und was des Menschen Hort.
Ich habe treu gelesen
Die Worte, schlicht und wahr,
Und durch mein ganzes Wesen
Wards unaussprechlich klar.

Bald werd ich dich verlassen,
Fremd in der Fremde gehn,
Auf buntbewegten Gassen
Des Lebens Schauspiel sehn;
Und mitten in dem Leben
Wird deines Ernsts Gewalt
Mich Einsamen erheben,
So wird mein Herz nicht alt.

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Ida, ​Lebende Skulptur, Feldahorn - Gepflanzt im Rahmen der Aktion „Baumstarke Stadt“ in Leipzig anlässlich von Zero Waste
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Widmungschild von Feldahorn Ida

Wüstenwanderung

Stefan Diller & Andreas Greiner, 2020
Video, 5:18
Courtesy of the artists

Die Videoarbeit zeigt einen Nanoflight (Stefan Diller, Scientific Photography Würzburg), eine sequenzielle Reihung von Aufnahmen eines Rasterelektronenmikroskops von drei unterschiedlichen Sedimentproben vom Grund des Yoa-Sees, gelegen im zentralöstlichen Teil der Sahara im Nord Tschad. Die Aufnahmen wirken wie eine Filmsequenz, gedreht aus dem Cockpit eines Mikrohubschraubers, der über eine wüstenähnliche Landschaft fliegt. Tatsächlich handelt es sich bei den Aufnahmen um eine geologische Zeitreise durch die jüngste Klimageschichte der Sahara der letzten 10 000 Jahre, des sogenannten Holozäns.

Je tiefer die Bohrung in die Bodenschicht des Yoa-Sees, aus der das Sediment stammt, desto älter sind die Ablagerungen und die Geschichten, die die Mikrostrukturen den Betrachtern*innen zu erzählen haben. Die visuelle Reise beginnt in 16,115 Metern Tiefe (vor ca. 10298 Jahren) und endet in 33,5 Zentimetern Tiefe (vor ca. 168 Jahren). Die dargestellte Mikrolandschaft aus Wüstenstaub, Sandkörnern und fossilen Mikroablagerungen weist eine zu der Sahara als lebensfeindliche Wüste Selbstähnlichkeit zwischen mikroskopischen zum makroskopischen Strukturen auf.

Dazwischen tut sich überraschenderweise Leben auf: was wie kunstfertige archäologische Artefakte vergangener Hochkulturen aussieht, sind die Außenskelette von Süßwasser-Kieselalgen. Sie zeugen von der Zeit vor etwa 8 000 bis 5 000 Jahren, als in dem normalerweise salzhaltigen Yoa-See ein Frischwasser-Ökosystem herrschte und der See von einer fruchtbaren Savannenlandschaft umgeben war - der sogenannten grünen Sahara.

Die Bohrkerne, aus denen diese Sedimentproben stammen, und die als Beweise für die Existenz dieses fruchtbaren Zeitabschnitts der Sahara angefügt werden, sind, wie die in Grönland geborgenen Eisbohrkerne, mit denen der Kohlenstoffdioxydgehalt der Luft verschiedener Erdzeitalter bestimmt wird, wichtige wissenschaftliche Funde, die zur Entwicklung derzeitiger Klimamodelle und der sie begleitenden Kontroversen beitragen.


Probenbereitstellung: Expeditionen zum Yoa-See, Leitung Stefan Kröpelin, Africa Research Unit, Institute of Prehistoric Archaeology, University of Cologne

Spezieller Dank an: Prof. Martin Melles, Dr. Volker Wennrich, Michèle Dinies / DAI

Tongestaltung: Louis McGuire Videobearbeitung: Y-ul Suh

Tega Brain

Die Australierin mit New Yorker Wohnsitz versteht sich als Künstlerin und Umweltingenieurin. Dabei geht es ihr vor allem darum, beide Bereiche miteinander zu verbinden. In ihren Arbeiten gehen Ökologie, Codes, Datensysteme, Infrastruktur und Logistik eine künstlerische Symbiose ein. Tega Brain betrachtet digitale Daten und Codes nicht als Hilfsmittel für die Kunst, vielmehr sind sie selbst kreative Medien und integrative Bestandteile des ästhetisch-künstlerischen Ausdrucks: „Computational Art and Design“ ohne Trennung von Kunst und digitale Daten.

Der künstlerisch-datenbasierte Umgang mit der Natur spielt eine wesentliche Rolle in ihren Projekten. Ähnlich wie in den Arbeiten von Andreas Greiner stehen Natur und Technik sich nicht gegenüber, sie werden miteinander gekoppelt und verwoben. So präsentiert sie beispielsweise in der Arbeit „Deep Swamp“ ein Triptychon aus halb überschwemmten Umgebungen, in denen Lebensformen aus Feuchtgebieten mit Software-Agenten als Formen Künstlicher Intelligenz zusammenkommen.

Für Aufsehen sorgte Tega Brains groß angelegte Arbeit „Asunder“, die in der digitalen Begleitausstellung zum Grünen Salon in einer fünfminütigen Videodokumentation vorgestellt wird. Die Erwartung, dass Künstliche Intelligenz bei schonender Ressourcennutzung, der Handhabung hyperkomplexer und quantitativ schier unbegrenzter Umweltdaten sowie dem konsistenten und effizienten Energiemanagement unterstützend eingreift, wird immer größer. Hierauf spielt „Asunder“ an, indem es moderne Klima- und Umweltsimulationstechnologie, einen 144-CPU-Supercomputer und durch maschinelles Lernen gestützte Bildgenerierungstechniken kombiniert. Es entsteht ein fiktiver Umweltmanager, der Modifikationen an unserem Planeten vorschlägt – diese Vorschläge allerdings liefern oft Szenarien, die völlig inakzeptabel, absurd und menschenfeindlich sind. Im Hinblick auf die Lösungen der Natur-, Umwelt- und Klimaprobleme sind die Vorstellungen von Menschen und künstlichen Intelligenzen keineswegs kongruent.

Asunder

Der Grüne Salon
Digitalisierung und Nachhaltigkeit in einer sich verändernden Gesellschaft - Veranstaltung im April 2021 mit begleitender digitaler Ausstellung
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