Über 40 Veranstaltungen von März bis September in Nantesbuch nähern sich einem vielschichtigen Thema: Bestimmung. Erkundungen, Feierabende, Impulse, Kindersamstage, Führungen und das große Moosbrand Literatur- und Musikfest im September. Erstmals öffnet sich das Lange Haus mit den „Blickpunkten“ auch für künstlerische Werkschauen.
In der Vielfalt und Komplexität der Natur sucht der Mensch nach Ordnung und Mustern. Er lotet Grenzen aus, spürt nach Rhythmen, Gesetzmäßigkeiten und Systemen. Hierfür nimmt er Bestimmungen vor: er definiert Vorgänge, Zeitalter, Räume, Arten... In dieser Ordnung bestimmt er schließlich, was erschlossen, was ausgebeutet, was geschützt werden soll. Ist dies seine Bestimmung? Wo liegen seine Grenzen? Wer bestimmt in der Natur? Was ist bestimmbar, was bestimmt?
Wer einmal anfängt, hierüber nachzudenken, merkt schnell, wie vielfältig und tief die Fragen rund um den Begriff „Bestimmung“ sind. Deshalb steht das Programm der Stiftung Nantesbuch 2020 erstmals unter diesem übergreifenden Jahresmotiv: Bestimmung. Die über 40 Veranstaltungen des neuen Programmhalbjahres kommen aus verschiedenen Blickwinkeln immer wieder auf dieses Thema. Mal mit wissenschaftlichen Antworten, mal auf künstlerische Art, mal sinnlich, mal konfrontativ oder auch mal humorvoll. Ganz bestimmt aber immer mit den Perspektiven von Kunst und Natur.
Neben zahlreichen neue Ausgaben bewährter Nantesbuch-Formate wie der Erkundungen ins Gelände, der kulturellen Feierabende, der vertiefenden Impulse oder der interdisziplinären Kindersamstage kommt in diesem Jahr neu die Perspektive der Blickpunkte hinzu: Erstmals öffnet sich das Lange Haus für kuratierte Werkschauen zu ausgewählten künstlerischen Positionen. Sie „stimmen“ das Haus und die umgebende Hofstelle künstlerisch auf das jeweiligen Jahresthema ein.
Exakte Grauzonen – 14 wundersame Verschränkungen von Mensch und Tier lautet der Titel der ersten Werkschau, in deren Zentrum Foto-Arbeiten der Niederländischen Künstlerin Jaul Kraijer stehen. In ihnen verschwimmen die Hierarchien zwischen Mensch und Tier, sie hinterfragen die Grenzen zwischen den Spezies. „Wieviel Tier steckt in uns Menschen“ fragen auch die Arbeiten von Alessandro Gallo, Elke Härtel, Tanja Fenderund Kiki Smith, die diese Werkschau erweitern. Die Ausstellung im Langen Haus ist vom 21. März bis 3. September für Veranstaltungsteilnehmer sowie jeden 1. und 3. Donnerstag zur Besichtigung geöffnet und wird von einem umfangreichen Führungs- und Gesprächs-Programm begleitet. Ab Juli wird die Werkschau im Inneren des Hauses durch einen „Blickpunkt“ im Außenraum ergänzt, wenn der Bildhauer Thomas Rentmeistervor dem Langen Haus einen „Luftzaun“ installiert, der an die Absurdität des menschlichen Ordnungswillens appelliert.
Korrespondierend zu den „Exakten Grauzonen“ um Juul Kraijer zeigt das Museum Sinclair-Haus in Bad Homburg vom 1. März bis 1. Juni 2020 die monographische Ausstellung „Zweiheit“ mit einem umfassenden Einblick in das Werk der Künstlerin.
Ein Ort an dem der Mensch besonders bestimmend auf Natur einwirken kann, ist der Garten. Eine vom Menschen gezogene Grenze umschließt ihn und in ihrem Inneren bestimmt der Gärtner, was gedeiht, was heraus gezupft und was geerntet wird. Gärten eignen sich daher besonders gut, um über das Thema Bestimmung vor dem Hintergrund von Kunst und Natur zu reflektieren. Die Permakultur-Anlage, die in Nantesbuch seit 2018 gemeinsam mit dem Agrar-Ökonomen Sepp Holzer entwickelt wird, bietet zudem ein besonderes Anschauungsobjekt, an das sich viele philosophische Fragen knüpfen lassen. Gleich mehrere Veranstaltungen, Erkundungen, Feierabende, ein Kindersamstag und einige Führungen widmen sich daher diesem Thema. Der Autor, Kurator und Publizist Hans von Trotha ist Spezialist auf dem Gebiet der Geschichte der europäischen Gartenkunst und gestaltet gleich zwei Veranstaltungen zum Thema Gartenkunst gestern, heute und morgen. Bei der von ihm geleiteten Erkundung Garten 5.0 wird u.a. ein Wildnisgarten angelegt, bei dem der Zaun – anders als im Kulturgarten – Urnatur einhegt und vor den Einflüssen von außen schützt.
Hans von Trotha ist auch der Kurator des diesjährigen Moosbrand Literatur- und Musikfests zum Abschluss und Höhepunkt des Frühjahr/Sommer Programms. Im Mittelpunkt steht hier die Landschaft. Landschaften bestimmen unser Denken, die Erinnerung ebenso wie die kreative Fantasie. Auch die Landschaft wird vom Menschen bestimmt. Die Wechselbeziehungen zwischen Landschaft und Ich, zwischen Natur und Gefühl, zwischen Bestimmung und Überwältigung sind Themen der Lesungen, Konzerte und Landschaftserkundungen des diesjährigen Moosbrand-Fests. Autoren wie Karen Duve, Interpreten wie Martin Wuttke, Ulrich Noethen, Marie-Lou Sellem, Lena Stolze und Musiker wie das Boulanger-Trio begeben sich auf literarisch-musikalische Pfade durch Wildnis und kultivierte Natur.
Deutlich ausgeweitet ist das Führungsprogramm in Nantesbuch. Zusätzlich zu den bisherigen Architekturführungen im Langen Haus erschließen neue Exkursionen zu Fuß oder per Fahrrad das Gelände und geben Einblick in die Landschaftspflege. Weitere Begehungen informieren über Theorie und Praxis der Permakultur-Anlage. Im Rahmen der Blickpunkt-Ausstellung „Exakte Grauzonen“ finden abendliche Hausführungen mit künstlerischem Fokus statt. Vom 2. bis 12. Juli sind die Gartenanlagen in Nantesbuch außerdem im Rahmen der „Zaunguckerl-Woche“ im Tölzer Land zu erleben.
Weiterhin bietet die Stiftung Nantesbuch ihren Gästen einen Transfer-Service, der es ermöglicht, auch ohne eigenes Fahrzeug an den Veranstaltungen im Langen Haus teilzunehmen, obwohl der abgeschieden gelegene Ort mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist. Dieser Service wurde nochmals verbessert. Je eine Transfer-Verbindung von München (U3/P&R Aidenbachstr.) und von Penzberg (Bahnhof) bietet sowohl Gästen aus dem Raum München wie auch aus der näheren Region um Nantesbuch eine bequeme, kostengünstige und vor allem nachhaltige Anreisemöglichkeit.
Ab München 3 € pro Strecke / ab Penzberg 2 € pro Strecke – jeweils einzeln buchbar beim Ticketerwerb oder auch später.
Den Beginn der Frühjahr/Sommer-Saison in Nantesbuch markiert am 21. März das große Frühjahrsfest für die ganze Familie: ein Tag rund um das neue Programm und aktuelle Projekte in Natur, Kunst und Landschaft. Viele Lesungen, Aktionen, Pflanzenbestimmung, Führungen und Gespräche stimmen auf das Jahresthema „Bestimmung“ ein. Musik und die bewährte Nantesbucher Küche machen das Fest zu einem fröhlichen und bunten Tag fürGroß und Klein. Kostenfreie Transfer-Busse aus München und der Region sorgen ganztägig für eine bequeme An- und Abreise. Der Eintritt ist frei!